So, letzter Eintrag, jetzt sind wir wieder auf Echtzeit.
Heute Nachmittag nach dem Ausflug nach Youido kam noch richtig die Sonne raus (Wetter war schon toll, aber leicht bewoelkt) und es war einfach zu toll, um einfach rumzuhocken. Also entschloss ich endlich mal zum Seouler Wald zu fahren, einem neu angelegten Park in Ttuksom, der besonders oekologisch sein soll. Es ist halt ein angelegter Wald, aber wieder einmal unglaublich super. Ok, bei strahlendem Sonnenschein und 23 Grad in der Sonne faenden wohl die meisten Leute auch die dreckigsten Hinterhoefe in Korea toll, insbesondere ich, aber der Park ist halt wieder mal supermodern und einfach super durchdacht. Er gliedert sich in mehrere kleine Teile, es gibt einen See, einige kleine Wasserlaeufe, eine Buehne, einen Wasserfontaenenplaza und ein Tiergehege.
An der Fontaene hockte ich mich erst mal hin und schaute zu wie kleine Koreackenkinder sich nass machten....und dann guckte ich zu wie die Mamis ihre Kinder nass machten ^^ Dieser ganze Park ist wie eine kitschige Werbung fuer Seoul. Montag Nachmittag: Kleine Kinder spielen in den Wasserfontaenen, die Sonne scheint, alte Herren sitzen auf der Bank und fuehren Gespraeche ueber Gott und die Welt (in Korea wohl eher ueber Gott ^^), Paerchen auf Tandem-Fahrraedern fahren vorbei, andere kleine Kinder spielen auf dem Abenteuerspielplatz. Familien machen Picknick auf der Wiese, aus den Lautsprechern an den Laternen erklingt leise klassische Musik.......................Und der Auslaender, der es sich hier grinsend gemuetlich macht, liest in der Zeitung eine Meldung, die ihn in prustendes Lachen verfallen laesst: Lebensqualitaet von Seoul auf Platz 89 der Welt...Es ging darum, wie gut Auslaender in der Stadt zurecht kommen.
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Naja, wenigstens war ja DIE TOLLSTE Stadt der Welt im Moment ueberhaupt, Shanghai, auf Platz 107.
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Auf jeden Fall setze ich meinen Spaziergang fort und landete am Tiergehege, ueber das eine Bruecke fuehrt. Und es waren tatsaechlich Tiere drin. Supersuesse Sasym (Rentiere ^^), Rehe, Hirsche und sonstiges Wild, Enten und angeblich auch Streifenhoernchen ^^....Da war wieder so ein Moment. 15 Minuten zu Fuss vom U-Bahnhof, um einen herum Autobahnen Tiere, in fast natuerlicher Umgebung, gemuetlich grasend, Wasser trinkend und offensichtlich so wohlfuehlend, dass sie ordentlich Nachwuchs werfen und produzieren ^^ Ja und dann machte ich einen Fehler. Ich ging direkt aus dem Seoul Forest in den Ttuksom Riverside Park (huch, schon wieder ein Park ^^) und ich ging an der Spitze der Halbinsel (da sollte eigentlich ein Rathaus gebaut werden, jetzt ist halt ein Park da ^^) entlang und dann nahm ich die Fussgaengerbruecke ueber den Jungnangchon (ein Zufluss zum Hang, der spaltet sich dann weiter oben im Zentrum in den ausgebuddelten Chonggyechon und einen anderen, dessen Namen ich nicht kenne, auf). Was auf Fotos leider das Bild versaut, ist in Natura ziemlich beeindruckend, naemlich die Hochstrasse in geschaetzten 20 Metern Hoehe ueber einem....Die Stuetzen vom Kaliber eines Turms von Pisa....In der Hoffnung irgendwo endlich mal einen Weg hoch nach Hannam zu finden, folgte ich dem Weg weiter. Der Park wurde immer natuerlicher, Enten nisteten, Spatzen flogen umher, echtes Schilf wuchs und auch hier Kirschen....und vor einem das imposante Bild des Ungbongsan, einem Berg am Ufer des Jungnangchon. Ein sehr kleiner Berg, ein sehr steiler Berg, eher eine zu gross geratene Felswand, die im Abendrot so unglaublich kitschig aussah, dass es schon wieder weh tat. Also du hast einen Fluss, der ungefaehr doppelt so breit ist wie die Spree, dann einen Park, dann diese Felswand, die voll bewachsen ist mit Gruen, Gelb und Weiss und auf der Spitze dieser Felswand thront ein Pavillon.... Jedenfalls lief ich am Berg entlang, weil ich einem Schildchen namens "Bahnhof Oksu 1.3 Km" Glauben schenkte. Tatsaechlich kam dann auch der Bahnhof, nur leider kein Weg hinauf. Ein echter Konstruktionsfehler und das in Korea. Also die Entscheidung, ob ich schaetzungsweise 5 Kilometer zurueck laufe zum naechsten Bahnhof (das muss der abgelegenste Ort in ganz Korea gewesen sein, mitten in der Stadt und doch ohne jegliche Auswege). Ich entschied mich fuer Vorwaerts immer, rueckwaerts nimmer, und lief weiter, bis ich auf dem U-Bahnplan sah, dass der naechste Bahnhof Hannam heisst und Hannam doch eigentlich noch mal ziemlich weit weg ist. Wie auch immer, es gab keinen Weg hoch (die Stadt war nur 150 Meter weg, aber es gab einfach keinen Weg ueber die Eisenbahn und den Autotunnel)......und ich lief und lief....Die Schilder (Noch 14 Kilometer, noch 13 Kilometer, noch 12 Km...) liessen mich schon Schlimmstes befuerchten, doch dann gab es in Hannam (inzwischen war es dunkel ^^) tatsaechlich einen Schleichweg zum Bahnhof, der wohl so selten benutzt wird, das es nicht mal einen Kartenkontrollschrankenschalter gab ^^ Ich also vollkommen erschoepft in die U-Bahn gefallen und erst mal ins PC-Bang gefahren, um ein bissel dieses Tagebuch auf Trab zu bringen.
Das war wirklich surreal diese Situation. Du kannst in die Wohnungen gucken, dir kommen Menschen entgegen, aber du kommst nicht weg vom Uferweg. Mir haette das gleich komisch vorkommen sollen, dass die ganze Zeit am Ufer diese Schilder standen von wegen "Viele Unfaelle, bitte Geschwindigkeit reduzieren" und tatsaechlich kamen mir hauptsaechlich Skater und Fahrradfahrer entgegen......Um euch mal nen Eindruck zu geben, dass ich meinen kleinen Abendspaziergang unfreiwillig zu einem Minimarathon ausgeweitet habe: Wenn ich die Strecken von Ttuksom aus mal ueberschlage, dann waren das wohl so um die 7 Kilometer...Waere ich diese Distanz mit der U-Bahn gefahren, waeren es uebrigens 6 Bahnhoefe gewesen.....6 U-Bahnhoefe.....Bzw. umgerechnet 3 Bruecken ueber den Han-Fluss, die uebrigens abends wunderschoen beleuchtet und mit Lasereffekten versehen sind, nur so am Rande.
Gut essen und als Ausgleichssport Spaziergaenge in der Natur......Ich glaube das ist, was der Koreaner mit WELLBEING GOODLIFE meint -.-