[Randnote: Ab 15. bin ich in Seokcho bei Gyeong-Ho, ab 17. fahren wir dann zusammen zurueck nach Seoul
Oh man, heute ging es rund. Ich wollte nach Ganghwa, einer historisch bedeutenden, aber leider am Arsch Koreas gelegene Insel. Naja, genau genommen ist es eine Insel etwa 80 Kilometer westlich von Seoul entfernt.
Mit einiger Hilfe von der Rezeption der Han Suites fand ich dann auch ein sogenanntes Bus Terminal in Shinchon, wo es Direktbusse nach Ganghwa gab. Nun ja, ich mich in die U-Bahn gehockt und was mich als Terminal begruesste war ein Kiosk, 2 Baenke und ein Container mit 2 Verkaufsautomaten und einer unmotivierten Dame. Ich also meine Fahrkarte fuer sage und schreibe 4.400 Won geloest und mich in den erstaunlicherweise recht modernen Bus (er hatte 4 Raeder, Sitze und Fenster ^^) gehockt. Und dann gings los. Erst wollte Seoul nicht enden, dann ging es durch Alt-Kimpo, durch Neu-Kimpo und immer ueber unbepflanzte Reisfelder ,was ungefaehr den Charme eines Schlammfeldes hat, denn nichts anderes ist es. Nun ja, dann kam Tongjin und irgendwann kam tatsaechlich eine Bruecke nach Ganghwa. Die Landschaft wurde ein wenig schoener, die Berge hoeher und dann wurde die Landschaft wieder langweiliger und dann kam die Stadt Ganghwa. Sehr spannend. Was mich hier immer wieder wundert, ist, warum in dem gleichen Dorf, an der gleichen Strasse, der eine Hof verrottet und der andere praechtig aufblueht, mit Gaestehaus und Restaurant.....Irgendwie ist das komisch. Habe deshalb bei der ganzen Reise heute so ein komisches Gefuehl gehabt. Irgendwie war an jeder Ecke was neu gebaut und superschoen und an der naechsten Ecke war alles heruntergekommen und dreckig. Keine Ahnung, was das soll. ^^
Naja, auf jeden Fall war ich in der Inselhauptstadt am Busbahnhof (der sah dann wenigstens aus wie Terminal) gefangen und wollte da weg. Also nahm ich den naechsten Bus (diesmal gigantische 1.100 Won) bis zum Bomunsa, einem bedeutenden Tempel. Nicht, dass ich das vorher gewusst haette, ich schloss mich einfach den Horden von aelteren Damen an, die die ganze Zeit im Bus aus Seoul darueber geredet hatten.
Die ganze Zeit wich mir eine Alleinreisende nicht von der Seite und fragte alle paar Minuten, aber fuer eine Koreanerin doch sehr dezent, wo ich herkomme etc. Ohne viel Worte verstaendigten wir uns wohl darauf, dass wir ab jetzt zusammen reisen und das ist gar nicht so dumm gewesen im Nachhinein. Der Bus schmiss uns naemlich in einem kleinen Fischerdorf raus. Wohlgemerkt inzwischen etwa 90 Kilometer von der Stadtgrenze Seouls entfernt. Die juengste Person dort war wohl ich. Die einzige auslaendische. Die einzige ohne Dauerwelle. Die einzige ohne Handy.
Wie auch immer, waehrend wenigstens hier noch die Ajummas hemmungslos anziehen, was der Wuehltisch hergibt (Grosser Preis der Jury heute an Frau Kim aus Oepori: Gelb-rosa-rot-gruen gebluemte Hose, lila Schuhe, dunkelgruene Jacke, rot-blau-geschecktes Halstuch), hat sich in Seoul ja irgendwie langweiligerweise so etwas wie (westlicher) Stil durchgesetzt.
Naja, auf jeden Fall lotste mich die Alleinreisende, die nun nicht mehr allein reiste, sondern den einzigen Auslaender im Umkreis von 500 Reisfeldern adoptiert hatte, durch das Doerfchen zum Faehrhaus. Aber denkt mal nicht, dass das hier so suedasiatisch mit Basthuetten und Holzkaehnen ist. Das is ja das lustige hier. Infrastruktur, Internet, Handies, Laeden...alles da...Aber die Leute kann man auch noch vorn Karren spannen.
Wie gesagt, ich auf die Faehre und Moewen geguckt. Das war krasser als Hitchcock. Mich wundert es seit heute KEIN BISSCHEN mehr, wenn hier irgendwann die Vogelgrippe auf den Menschen ueberspringt. Ich mein, das gibts in Deutschland auch, dass Kinder die Moewen fuettern, indem sie was ins Wasser werfen. Ja, hier in Korea geht das aber anders. Man nimmt einen Krabbenchip in die Hand und wartet, bis die Moewe aus der Hand frisst. Ja, wir reden von Moewen, diesen riesigen Voegeln mit dem grossen Schnaebeln. Was solls, wenn es ein bissel hackt, wir sind ja koreanische Maenner...oh man.
Auf der naechsten Insel (inzwischen etwa 95 Km von Seoul) dann wieder nen Bus genommen zum Tempel. Und es wurde einfach nicht exotischer. Immernoch liefen alle mit Handy rum. Das ist so deprimierend.
Zum Tempel fuehrte dann ein Weg, den man anderswo als Skisprungschanze durchgehen lassen wuerde. Auf dem Weg lagen ueberall Geschaefte und die eigentliche Attraktion war ich und meine Adoptivmutti schmueckte sich sichtlich gern mit ihrem auslaendischen Freund. Jedenfalls bekamen wir deftig-Frittiertes, Reisschnaps, Krabben, Kastanien und sonstiges Zeuchs geschenkt, was ich jedes Mal mit ein paar Worten koreanisch quittieren musste, woraufhin die Ajummas herrlich erschrocken und erfreut waren und wohl den ganzen Tag etwas zu reden hatten.
Der Tempel dann oben auf dem Berg. Naja, majestaetisch, was sonst. Wunderschoen gelegen, wunderschoen hergerichtet. Der Grundstein wurde irgendwann 600 und ein paar zerquetschte von Koenigin Seondeok gelegt. In der Haupthalle standen dann einfach mal tausende Buddhas aus Jade rum. Un-glaub-lich! Der Blick aufs Westmeer dann auch schick. Leider entschied sich dann aber meine Reisegefaehrtin (warum koennen Koreaner eigentlich nix alleine machen?) in eine Wallfahrtsgrotte etwa noch mal 30 Minuten zu Fuss hinauf zu steigen, wo ich dann streikte. Sie kaufte mir noch was zu Trinken zum Abstieg, und sich zum Aufstieg und dann war es das mit unserer Bekanntschaft. Ich stieg also wieder hinunter und ging in eine andere Grotte, der bedeutenderen, wie ich im Nachhinein erfuhr und dann gings zurueck in die kleine Siedlung am Fusse des Berges. Hier begruesste mich eine Ajumma besonders erfreut und ich fragte nach dem Bus. Auf ihre Antwort "In 30 Minuten" seufzte ich nur, worauf sie mich in den Laden zog und mir einen Kaffe (der sogar lecker war ^^) kredenzte. Woraufhin sie mir einen Teller mit frittierten Riesengarnelen (das is das, wofuer man in Berlin im Restaurant 5 Euro bezahlt fuer 2 Stueck -.-) als kostenloses Essen kredenzte. Woraufhin sie mich fragte, was ich gerne esse, was ich so kenne und daraufhin entschloss sie dann, mich zu einem Meeresfruechteeierkuchen einzuladen, zudem es dann noch Beilagen gab.
Und dann fragte sie mich, ob ich Makkolli mag. Ich war ein wenig fertig und wollte dann nicht noch saufen, aber sie draengte mich. Da es sich ja nur um ein Glaeschen handeln konnte, willigte ich schliesslich ein. Wieder kam sie mit einem Bottich, den man kaum beschreiben kann. Ungefaehr eine halbe koreanische Suppenschuessel voll. Ich musste dann auch brav alles austrinken und so vergingen 30 Minuten bei kostenlosem Essen und Saufen doch recht schnell. Als der Bus dann kam, war ich doch recht angeheitert und sie knuddelte mich durch und hielt den Bus auf, damit ich noch nen Ticket kaufen konnte. Dann noch schnell ein Foto geschossen und das beendete meinen Ausflug nach Ganghwa. Naja, ich steckte ihr nochs chnell nen Schein zu, weil ich nen ziemlich schlechtes Gewissen hatte, mich hier so durchzusaufen.
Auf dem Rueckweg biss dann eine Moewe einen Typen in den Daumen. Richtig so!
Und nach nur 2 1/2 Stunden weiterer Fahrt, die ich meist schlafend aufgrund meines Alkoholpegels verbrachte, war ich wieder im abendlichen Shinchon angekommen, wo mich die U-Bahn in meine HanSuites brachte.
Innerhalb von 2 1/2 Stunden in eine andere Welt zu gelangen ist doch etwas recht Ungewoehnliches und ich betrachte im Moment Seoul mit anderen Augen.
Die Menschen auf dem Land sind noch viel natuerlicher - boese gesagt unzivilisierter - als hier, sie lassen das Leben einfach mal Leben sein, nehmen sich Zeit etc.
Ich mag Seoul, ich liebe es. Es glitzert, ist schnell und modern, aber es ist nur das eine Gesicht von Korea. Das andere ist unaufgeraeumt aber herzlich, von aussen glanzlos aber aus sich heraus strahlend.